Last updated on 7. August 2022
Das Master-Studium Content Strategy an der FH Joanneum in Graz hat viele Stärken und Vorteile. Wir betrachten die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der technischen, ökonomischen und User-orientierten Möglichkeiten im Bereich Medien. Darüber hinaus setzen wir uns mit detaillierten Analysen, entwickelten Strategien und abgeleiteten Maßnahmen auseinander. Aber lässt sich die Welt einfach in Modelle gießen? Ist es wirklich das Richtige was wir tun? Sehen wir Rationalität zu einfältig oder vielleicht sogar etwas zu naiv als gegeben an? Berücksichtigen wir die Natur, das Leben und die Menschen bei unserem Wirken wirklich ausreichend?
Als lernende Content-StrategInnen wissen wir über die mächtigen Werkzeuge der digitalen Welt Bescheid und wenden diese entsprechend den kommenden Herausforderungen an. Auch verstehen wir es, Zielgruppen, schlussendlich Menschen als Kollektiv betrachtet, beim Erfüllen ihrer Wünsche zu helfen, sie zu bedienen oder diese eben auch zu beeinflussen.
Dennoch verstehen wir den Menschen selbst, als Individuum gesehen, nicht oder nur sehr begrenzt. Es gibt viele Theorien über das Verhalten von Menschen und diese werden sowohl infrage gestellt als auch widerlegt. Wir wissen nicht, wie sich einzelne Menschen verhalten. Dass Reden, Handeln und Tun von Menschen oft weit auseinander liegen, zeigt uns aktuell Vladimir Putin – und welche Rolle Medien und deren Strategien bei der Gestaltung unserer Welt einnehmen.
Dass ein aufstrebender Komiker und Schauspieler, etablierter Politiker und um sein Leben Kämpfender dem Westen den Ernst der Lage erläutern muss und dafür mit erlerntem Klatschen gelobt wird, ist an Ironie zwar nicht zu überbieten, verweist aber auch auf Werte, die wir wieder leben müssen und nicht mehr nur davon reden dürfen. Neben den grauenvollen Ereignissen in der Ukraine möchte ich daher kurz und aus meiner Perspektive über die größten Stärken des Studiums erzählen:
- Richtigkeit
- Vielfalt
- Menschlichkeit
Warum das Was dem Wie voraus ist: Richtigkeit!
Meine KommilitonInnen wissen es: Why, How & What! Aber warum? Warum ist vor allem das Was dem Wie immer zumindest einen Schritt voraus? Am Beispiel der Energie und ihrer leider nicht gelebten Wende ist es leicht erkennbar: Wenn wir spazieren gehen und ein Ziel erreichen wollen, benötigen wir Energie. Wir müssen daher Nahrung aufnehmen, um eine bestimmte Strecke bewältigen zu können und die Energie in Kraft zu verwandeln. Je länger oder schwieriger die Strecke ist, desto mehr Energie und Nahrung benötigen wir. Um weniger Energie zu benötigen, können wir trainieren und wir können die zu uns genommene Nahrung besser, effizienter in Kraft und zuletzt in zurückgelegte Strecke umwandeln. Wir fokussieren uns dabei auf das Wie des Spazierengehens. Wir werden energieeffizienter!
Wir werden also immer schneller und besser mit unserem Training und dem Fokus auf das Wie. Nehmen wir jetzt an, dass wir so viel trainieren bis wir so schnell wie das Licht sind und unsere Nahrung immer besser in Kraft umwandeln können, sodass wir nur mehr eine Walnuss für unseren Spaziergang brauchen: Dann sind wir zwar äußerst effizient, rennen aber mit Lichtgeschwindigkeit am Ziel vorbei! Denn wir haben uns nicht die Frage nach dem Was gestellt. Das „Schnellsein“ muss nach der Überlegung zur Wirkung, dem Ziel, kommen. Dann werden wir und unser Tun auch effektiv und kommen bei unserem Spaziergang zum Beispiel auch beim vereinbarten Mittagessen mit unseren Freunden an.
Im Studium überlegen wir uns genau dieses Ankommen und wohin wir gehen wollen. Ich sehe das als eine der drei größten Stärken des Studiums an, da heute zu viele Ausbildungen auf Effizienz ausgerichtet sind und der Welt und ihren Herausforderungen mit Geschwindigkeit begegnen. Beispielsweise reden wir oftmals über Energieeffizienz, müssten uns für eine echte Energiewende jedoch auf Energieeffektivität fokussieren. In der Content Strategie bedeutet das übersetzt, den richtigen Content zum richtigen Zeitpunkt für die richtigen Menschen über die richtigen Kanäle zu kommunizieren.
Das Wir ist größer als das Ich? Vielfalt!
Die vielen Akteure im Studium und ihren Umgang untereinander erlebe ich als familiär. Selbstverständlich ist man auch nicht einer Meinung, aber das kommt sozusagen in den besten Familien vor. Man spricht einfach darüber und findet immer ein offenes Ohr – der Dialog hat sehr hohen Stellenwert – zuerst über Slack, dann via Zoom oder auch vor Ort Face-2-Face. Das gilt sowohl für das Miteinander mit den Vortragenden als auch mit den KommilitonInnen im eigenen Jahrgang und darüber hinaus.
Das Lernen mit und von Mitstudierenden hat hohe Priorität und es wird auf das Vernetzen und Austauschen auf allen Kanälen großen Wert gelegt. Gleichzeitig dienen viele Gruppenarbeiten dem dynamischen Erarbeiten von Lösungen. Insbesondere begeistern mich immer wieder meine internationalen KollegInnen. Die Welt wahrhaftig aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, bietet unglaublich viele Vorteile im Alltag. Auch die verschiedenen Herangehensweisen an eine Aufgabenstellung, verbunden mit der vielfältigen Art zu kommunizieren, beeindrucken und bereichern mich immer wieder.
Dass das Wir > Ich ist, kann ich trotzdessen nicht untermauern. Nein, ich würde es sogar als falsch ansehen! Warum? Weil mich zu oft nicht nur eine Gruppe überzeugt, sondern auch einzelne Mitstudierende. Ja, gemeinsam sind diese Einzelnen das große Ganze und somit das Wir. Stimmt! Ich denke aber, dass das „>“ falsch ist und daher weder das Wir noch das Ich. Denn die Formel muss lauten: Wir = Ich!
Das Wir besteht aus den vielen Ichs, aber auch das Ich ist zum Teil ein Wir! Hier passt kein Operator, der einen Unterschied der Operanden hervorhebt, dazwischen. Es braucht aber das Gemeinsame und Verbindende – einen Ausgleich! Dieser verringert die Ungleichheit und vergrößert den Mehrwert: die Vielfalt!
Speed Kills Fast Thus Be a Mensch!
Das Marketing im digitalen Raum folgt anderen Gesetzen als üblich und das vor allem mit hoher Geschwindigkeit und zunehmender Komplexität. Oftmals vergisst die Welt in diesem Tempo und Chaos die Menschen. Vieles im Studium hat mich aber schon oft an das Buch „Enchantment“ von Guy Kawasaki erinnert. Insbesondere wenn es um die Stelle im Buch „To be a Mensch“ geht. Was bedeutet das eigentlich?
- Hilfe brauchen jene, die sich nicht selbst oder gar dir helfen können! Das Vermissen des Zurückgebens erhaltener Hilfe, ist der Kern wahrer Hilfe. Sie ist bedingungs- als auch erwartungslos und kennt kein größer oder kleiner sein sondern diese Hilfe sucht den Ausgleich in der Vielfalt.
- Das Helfen alleine dient der Befriedigung geholfen zu haben und erkennt diesen Zustand als Gleichgewicht an.
- Vielen zu helfen, dient das Gleichgewicht auf breitere Fundamente zu stellen.
- Das Richtige richtig tun, bedeutet auch Mensch sein. Eine Haltung einzunehmen, eine Grenze zum Überschreitbaren zu ziehen und diese einzuhalten.
- Arbeite als ich für das Wir und gib der Gesellschaft etwas zurück. Begleiche viel mehr eine Schuld als einen Gefallen zu tun.
Allen Leseratten kann ich das Buch sehr ans Herz legen. Und all jenen die an Richtigkeit, Vielfalt, Menschlichkeit sowie der Zukunft interessiert sind, sei das Studium Content Strategie und eine Bewerbung um einen Studienplatz empfohlen.
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